Stellt euch folgende Situation vor – es ist Mitte März, bald, bald ist es soweit, die Wiese erwacht im neuen grün.
Freudestrahlend steht euer Partner vor euch und erklärt, bald, bald ist es soweit und wir haben einen kleinen Gartenteich.
Innerlich mache ich Luftsprünge, denn vor Herbst hatte ich nicht damit gerechnet, dass Gert es schafft ihn einzusetzen – und bald, bald bekomme ich Schnappatmung, denn der Nachbar hilft mit schweren Maschinen.
Versteht mich nicht falsch, Hilfe zu bekommen ist wunderbar. Und die beiden Männer haben innerhalb von 1,5 Tagen ne Menge geleistet.
Nur ist da eine kleine, klitzekleine Sache gewesen… ein Radlader… welcher mehrfach, also so ca. 38894279 mal über unseren Rasen, gut ok – es ist ne Wiese, fahren musste.
Ich habs nicht kommen sehen – diesen neuen Weg… ja, wir haben nun einen Weg, einen großen langen und vor allem breiten Weg, von der Terrasse bis zum Ende des Grundstücks… ein Weg der dort nie war, nie sein sollte und der auch nicht wirklich hübsch war.
Beide Männer beruhigten mich und Gert versicherte, dass er, IM HERBST, alles wieder schicki machen möchte…
Da war er nun der Weg und ich beobachtete mich und die Tiere… jeder ging diesen neuen Weg, ja auch ich.
Ich dachte über neue und alte Wege nach und sinnierte und sinnierte… wie ist man denn so gestrickt?
Auf jeden Fall hab ich offensichtlich Bommeln, denn kein Mensch würde sich über sowas Gedanken machen…
Es war wirklich beachtlich zu erkennen, dass jede Katze, auch die von den Nachbarn auf einmal diesen neuen Weg nutzten, auch der Hund rannte immer auf diesem Weg zum Ende des Grundstücks, selbst die Elstern und andere Vögel stolzierten wie von Zauberhand dort entlang.
WARUM???? Das war meine Frage.
Wege sind bequem, sie geben uns eine Richtung vor und Wege leiten uns… Wege sind verbindend, Wege können schnurgerade gehen oder sich winden. Wege können natürlich entstanden sein, über Trampelpfade von Tieren oder menschengemacht, manche Wege dienen als Abkürzungen, wieder andere Wege sind ausgelatscht und dann gibt’s auch Wege die führen in eine Sackgasse…solche und noch mehr Fragen schwirrten mir im Kopf herum. Und immer wieder die Frage, warum nutzen alle diesen neuen Weg?
Und dann kams – weil wir alle eine Richtung suchen, weil wir alle auf einem bestimmten Weg des Lebens sind. Weil manche von uns gern neue Wege gehen, andere lieber die sichern, alten, bekannten Wege.
Und wenn ein Weg gut zu erkennen ist, nutzt man ihn natürlich auch gern – das ist bequem und bringt einen voran. Neue Wege zu erschaffen oder zu begehen ist beschwerlicher, birgt aber immer neue Erfahrungen und verhilft uns mehr und mehr zu lernen.
Muss man Angst vor neuen Wegen haben?
Natürlich nicht, neu ist nicht gleich schlecht oder neu bedeutet nicht immer Angst – neu bedeutet einfach nur neu und anders und vielleicht sogar nie dagewesen.
Ich bin jetzt Anfang 50 und sehe was hier auf der Welt los ist, keine Woche ohne Erdbeben oder Vulkanausbrüchen auf der Welt, die Menschen vertrauen sich nicht mehr und jeder sieht zu wie er den Arsch an die Wand bekommt, das Schulsystem schreit zum Himmel, die Ärzte können vor Arbeit kaum noch aus den Augen gucken, Handwerker kriechen auf dem Zahnfleisch, die Kassiererin an der Kasse freut sich, wenn sie mal nicht angemotzt wird, jeder ist neidisch auf jeden…
Und dann, dann sehe ich die Lichter am Ende des Tunnels – ein freundliches Gesicht, ein lachendes Kind, eine Lehrerin die einem Schüler Blumen mit zur Schule bringt, weil er eine blöde Diagnose bekommen hat, lachende Kunden, die sich freuen, dass genau du jetzt da bist, eine Cousine die man 20 Jahre nicht gesehen hat und es auf Knopfdruck so war, als ob sie nie weg war – ich sehe diesen neuen Weg, diese Möglichkeit die uns einlädt das Neue selbst zu erschaffen – das nie dagewesene, das neue Miteinander.
Der ungeplante Weg in meinem Garten diente mir der Reflektion, dass wir es sind die die Wege schaffen und benutzen, dass wir die Macht haben alles anders und neu zu gestalten, dass wir andere auf diesen Weg einladen ein Stück mit uns zu gehen oder auch weiter… nun ist er kaum noch sichtbar, weil über alles was man nicht nutzt Gras wächst.
Dennoch danke ich von Herzen für diese Sicht der Dinge und, dass ich sie euch schreiben konnte.
Wenn du magst, dass wir ein Stück des Wegs gemeinsam gehen, ruf mich gerne an oder nutze mein Kontaktformular.
Herzlichste Grüße
Katharina